Initial Coin Offering und Blockchain-Technologie: Warum Liechtenstein einzigartige Standortvorteile bietet. Interview mit Thomas Nägele

Initial Coin Offering & Blockchain Technologie: Warum Liechtenstein einzigartige Standortvorteile bietet.

Thomas Nägele, Gründer der Kanzlei NÄGELE Rechtsanwälte GmbH, hat über 10 Jahre Software programmiert und ist neben dem Technologierecht auf jene Rechtsgebiete und Fragestellungen spezialisiert, welche Unternehmen betreffen. In diesem Zusammenhang hat Herr Nägele uns im Interview seine Sicht der Dinge geschildert.

Guten Tag Herr Nägele, erst einmal vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben. Nachdem Sie ja unter anderem auch auf die Beratung von Startups spezialisiert sind – welche Vorteile wiegen Ihrer Meinung nach am stärksten hinsichtlich Liechtensteins als Gründungs- und Unternehmensstandort?

Zunächst einmal haben wir den Zugang zum Schweizer Markt inklusive all seiner Besonderheiten und Vorteile. Zudem sind wir Teil des EWR und haben Zugang zur EU. Davon abgesehen verfügt Liechtenstein über einen hervorragenden Finanzplatz. Alle Wege hier sind zudem kurz, wodurch Effizienz und Geschwindigkeit, z.B. bei Firmengründungen, begünstigt werden. Ein weiterer Vorteil sind die flexiblen und teils einzigartigen Gesellschaftsformen hierzulande, wie z.B. die LVC oder die Anstalt. Desweiteren findet man hier als junges Unternehmen diverse hilfsbereite und lösungsorientierte Institutionen und Instanzen, die einem persönlich und beratend zur Seite stehen.

Bei welchen Schritten unterstützen Sie junge Unternehmen?

Im Allgemeinen beginnend bei der Planung sowie beim Gründungsakt inklusive aller Aspekte, wie z.B. der Klärung markenrechtlicher Fragen oder dem Ansuchen um Erteilung der Gewerbebewilligung oder der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen oder Softwareverträgen. Startups im Bereich Blockchain unterstützen wir meist in aufsichtsrechtlichen Angelegenheiten.

Für welche Geschäftsbereiche empfiehlt sich Liechtenstein insbesondere?

Natürlich für jegliche Geschäftsmodelle im Finanzbereich. Es gibt hierzulande gut ausgebildete Fachkräfte mit langjähriger Erfahrung und einem innovationsorientierten Mindset. Einen weiteren zukunftsträchtigen Markt des Landes stellt die Technologieentwicklung dar – ein prominentes Beispiel hier ist die Entstehungsgeschichte von Hilti. Ideal ist demzufolge natürlich die Kombination von Technologie und Finanzen im Rahmen von Fintechs. Hier können wir gar noch stärker werden als wir bereits sind.

Eines der Fachgebiete, auf welches Sie Ihren Fokus legen, ist das IT-Recht, insbesondere hinsichtlich der Thematiken Blockchain und Distributed Ledger Technologies. Seit wann beschäftigen Sie sich mit diesen Technologien?

2011 habe ich meinen Einstieg in dieses Fachgebiet gefunden und seit 2013 beschäftige ich mich intensiv damit. Meine Doktorarbeit, welche ich neben meiner Tätigkeit als Rechtsanwalt schreibe, widmet sich der Rechtsnatur von Token.

Von welchen Vorteilen können Unternehmen aus den Bereichen Bitcoin/Blockchain in Liechtenstein profitieren bzw. warum empfiehlt sich dieser Standort zur Gründung?

Ein besonderes Merkmal im Vergleich zu anderen Jurisdiktionen ist die vergleichsweise hohe Rechtssicherheit, welche wir bieten können. Offene Fragen, die neue Phänomene wie die Blockchain mit sich bringen, können direkt und persönlich im Gespräch mit gut ausgebildeten Experten – und davon gibt es hier vergleichsweise viele – geklärt werden. So können beispielsweise Fragen rundum Bewilligungspflichten oder das Bankengesetz direkt mit Regulatoren geklärt werden. Darüber hinaus  können neue Projekte auch im Rahmen des Regulierungslabors gestartet werden. Hier kann man seine Fintech-Ideen platzieren und einen Weg zur Umsetzung in Zusammenarbeit mit den Behörden entwickeln. Zusammenfassend sprechen also primär die Aspekte „Offenheit“, „Flexibilität“ und „Know How“ für diesen Standort.

Inwiefern befassen Sie sich mit dem Thema Initial Coin Offering? 

Das ist unser Tagesgeschäft. Es ist eine Herausforderung, die Vielzahl an eingehenden Projektanfragen zu sichten und zu klassifizieren. Es macht aber auch viel Spass, die unterschiedlichsten Geschäftsmodelle zu analysieren und diese juristisch zu begleiten. Die Eigenheiten stellen sich aber auch sehr anspruchsvoll dar, es gibt keine Patentrezepte. Von gemeinnützigen Projekten, wie z.B. der Einführung von Bankdienstleistungen in afrikanischen Ländern für Bevölkerungsschichten, die bisher vom Zahlungsverkehr ausgeschlossen sind, bis hin zu gewinnorientierten Projekten, wie etwa neuartigen Versicherungsdienstleistungen, ist hier vieles anzutreffen. Generell gesagt,  ich treffe täglich auf visionäre Menschen, die etwas bewegen wollen und können. Davon bin ich tief beeindruckt und fasziniert.

Welche Vorteile bietet ICO für Startups?

Zunächst einmal ist ein ICO  wesentlich effizienter als ein IPO, also der reguläre Börsengang. Man muss keine Anteile oder Rechte an seinem Unternehmen abgeben und kann es zudem schaffen, hohe Kapitalsummen, gar in Millionenhöhe, binnen kurzer Zeit, beispielsweise in wenigen Wochen, zu generieren. Des weiteren bietet es den Anlegern vereinfachten Zugang und erspart allen Beteiligten komplizierte Kontrollmechanismen. Wichtig ist es meiner Meinung nach aber auch, die Gefahren zu erkennen, das bringt jede neue Technologie mit sich, so auch die Blockchain.

Was macht Liechtenstein für ICO’s besonders?

Was früher nur in Silicon Valley möglich schien, ist  heute auch in Liechtenstein Realität. Mittels ICOs sammeln Startups Kryptowährungen im Gegenwert von mehreren Millionen USD ein.  Liechtenstein hat erfahrene Finanzplatzintermediäre, die den Umgang mit grossen Vermögenswerten gewohnt sind, das ist ein grosser Vorteil. Eine weitere Besonderheit in Liechtenstein stellen die Banken dar. Wir sind eine der wenigen Jurisdiktionen mit Banken, die überhaupt Kontobeziehungen für Startups in diesem Bereich anbieten. Hinzukommt die hierzulande zuvor erwähnte vorherrschende relative Rechtssicherheit in diesen Angelegenheiten sowie gute Strukturen für neue und wachsende Unternehmen.

Generell ist das „ICO“-Thema in Liechtenstein sehr präsent. So bietet die Universität Liechtenstein Veranstaltungen zu Initial Coin Offerings an und der Technopark organisiert regelmässig Kurse und Veranstaltungen zum Thema Kryptowährungen und Blockchaintechnologie. Dadurch wird die Aktualität dieses Themas natürlich ganz klar sichtbar. Die Startup-Community in Liechtenstein wächst schnell und stetig und mit ihr auch das Interesse an ICO’s. Für Interessierte gibt es auch die Cryptocountry Association (cryptocountry.li), welche ihren Mitgliedern auch als Informationsquelle dienen kann.

Wir danken Ihnen vielmals für das Gespräch und die Einblicke, die Sie uns heute gegeben haben.

Für alle Interessierten: Die Bank Frick in Liechtenstein ist die weltweit erste, die Investments in Kryptowährung anbietet. Lesen Sie hierzu folgenden Artikel:
http://www.coindaily.co/2018/03/02/liechtenstein-bank-is-worlds-first-to-offer-cryptocurrency-investments/

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