Design Thinking – Entwickle dein Unternehmen innovativ und kundenorientiert

Egal ob Startup oder etablierte Frima, eine Idee kann noch so gut klingen – wenn die Kunden sie nicht annehmen, dann war alles umsonst. Wie Probleme nachhaltig gelöst und Ideen nutzerorientiert entstehen können, erfährst Du im Interview mit Dr. Patrick Link. Er ist Professor für Produkt Innovation an der Hochschule Luzern (HSLU) im Institut für Innovation und Technologiemanagement, Co-Founder von Trihow und international anerkannter Design Thinking Experte. Ausserdem ist er Herausgeber der beiden internationalen Bestseller «Das Design Thinking Playbook» und «Das Design Thinking Toolbook» und befasst sich intensiv mit der Weiterentwicklung von agilen Ansätzen, neuen Methoden und Tools sowie hybriden Arbeitsformen im New Work. 

Was verbirgt sich hinter dem Begriff “Design Thinking”?

Design Thinking wird oft als intuitiver und menschzentrierter Problemlösungszyklus definiert. Es ist eine Methodik und zugleich ein Denkansatz. Es fördert die Problemlösung durch schnelle Iterationen und Experimente. In kurzen Iterationen wird die Lösung mit dem Kunden getestet, verworfen oder angepasst und weiterentwickelt. Und das solange, bis die Bedürfnisse der Kunden bzw. Nutzer erfüllt sind (Wünschbarkeit), die Lösung machbar und wirtschaftlich ist. Übrigens, das Konzept von Design Thinking wurde in den späten 1980er Jahren an der Stanford University entwickelt.

Getreu dem Motto „Fail often to succeed sooner“

Wie läuft ein Design Thinking Prozess ab?

Diese ersten drei Schritte stellen den „Problemraum“ dar:

1. Zunächst geht es darum, den potenziellen Kunden und Endnutzer, aber auch die relevanten Stakeholder zu verstehen, also deren Wünsche, Aufgaben und Probleme wirklich in der Tiefe zu verstehen.
2. Nun werden diese Personen vor Ort in ihrem Kontext beobachtet und befragt. Das hilft, die getätigten Annahmen zu verifizieren sowie ein klares Bild und ein Verständnis zu erhalten.
3. Die gesammelten Erkenntnisse werden ausgewertet, verdichtet, interpretiert und der Standpunkt in Form eines Satzes definiert.

Die folgenden Schritte stellen den „Lösungsraum“ dar:

4. Jetzt kann man dazu möglichst viele Ideen finden und dann die interessantesten selektieren.
5. Im fünften Schritt wird von dieser Idee ein „Prototyp entwickelt“. Auch digitale Lösungen können mit einfachen Papier-Versionen oder Mock-ups fassbar und erlebbar gemacht werden.
6. Anschliessend testet man den Prototypen zusammen mit dem Nutzer, um mehr über das Problem und die Lösung zu erfahren.

7. Es ist empfehlenswert, den Prozess und die Zusammenarbeit zu reflektieren, um daraus zu lernen, die zukünftige Zusammenarbeit zu verbessern und zu bestimmen, worauf man den Fokus in der nächsten Iteration legt.

Welche Vorteile bietet Design Thinking im Gegensatz zu anderen Methoden?

Diese Methode ist ein intuitiver Problemlösungsansatz. Produkte, Dienstleistungen oder Lösungen werden in kleinen Teams durch Prinzipien der kontinuierlichen Designverbesserung mit raschen Tests und Kundenfeedback entwickelt. So bindet man nur Lösungen und Produkte, die der Kunde wirklich nutzt und wünscht.

Der Ansatz fördert eine hohe Kunden- und Menschorientierung. Durch interdisziplinäre Teams wird das „Silo“-Denken abgebaut, das kreative Denken gefördert und radikal neue Ideen und Innovationen werden bewusst gesucht und umgesetzt. Design Thinking fördert eine vertrauensvolle Teamkultur und die Zusammenarbeit im Unternehmen. Ausserdem stärkt es die Kunden- und Nutzerorientierung und kann auch das kreative Innovationspotenzial der Mitarbeiter zur Entfaltung bringen. Dadurch baut man ein gemeinsames Verständnis und eine gemeinsame Sprache auf.

Das rasche Iterieren und schnelle Testen mit einfachen Prototypen ermöglicht ein rasches Lernen und eine schnelle Validierung und Weiterentwicklung von Ideen und Konzepten.

Es lässt sich auch sehr gut mit anderen Ansätzen, wie z.B. Lean Start-up, Systems Engineering oder Big Data Analytics oder agiler Entwicklung kombinieren. Ausserdem ist es bestens für die Ideenfindungs-Phase eines Startups oder jungen Unternehmens geeignet.

In welchen Fällen sollte man Design Thinking nutzen? Und wann nicht?

Design Thinking kann man für alle möglichen Themen und Problemstellungen in Start-ups, KMU’s oder multinationalen Unternehmen nutzen, z.B. für die Optimierung von Prozessen oder für die Umsetzung von innovativen Ideen. Auch für die Entwicklung eines innovativen Business Modells vor der Unternehmensgründung eignet es sich hervorragend. Es geht dabei immer um die Bearbeitung von neuartigen komplexen Problemstellungen, bei denen die Lösung zu Beginn nicht klar oder vollkommen unbekannt ist.

Ausserdem hilft es dabei, die Digitale Transformation voranzutreiben und ist eine geeignete Methode zur Entwicklung digitaler Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle.

Dieser Ansatz ist quasi für jeden nutzbar, denn er basiert auf der Art, wie wir als Kinder gelernt haben – ehe uns in der Schule und den Unternehmen eine Nullfehlerkultur beigebracht wurde. Typischerweise verwendet man Design Thinking in den frühen Phasen des Problemlösungs- oder Innovationsprozessen, wenn die Wünschbarkeit (Desirability) aus Kunden- und Nutzersicht im Zentrum steht.

Schon gewusst?

Bekannte Start-ups wie Airbnb oder Uber wären ohne eine Kultur des Ausprobierens, Experimentierens und Machens nicht entstanden. AirBnB stand 2009 kurz vor dem Konkurs. Doch als sie die Methode auszuprobierten, bemerkten sie, dass das eigentliche Problem die schlechten Bilder der Kunden auf der airbnb Website waren. Die Lösung für dieses Problem war sehr einfach: Ein Mitarbeiter von AirBnB fotografierte die Wohnungen.

Bekannte grosse Firmen wie SAP, Apple, Nike, Postfinance, Swisscom oder Bosch setzen auf Design Thinking. Sie bauen damit Abteilungen auf, entwickeln neue Produkte, Dienstleistungen und Lösungen. Mittlerweile haben alle grossen Beratungsfirmen Design Thinking als Standardangebot für ihre Kunden etabliert.

Wie unterscheiden sich das Design Thinking Playbook und die Toolbox?

Seit der  Erstveröffentlichung 2017 ist das «Design Thinking Playbook» in mehr als ein Dutzend Sprachen erhältlich und gilt als das Referenzbuch für Design Thinking. Es vermittelt die Philosophie und erläutert den Ansatz der Methode, schlägt Brücken zu anderen Ansätzen wie Lean Start-up, Systemdenken, Data Analytics und inspiriert den Leser, Neues zu probieren. Im Playbook sind etwa 60 Tools und Werkzeuge erwähnt, aber nicht beschrieben. Es besteht aus drei Teilen und beinhaltet die traditionellen, gegenwärtigen und zukünftigen Erfolgsfaktoren. Der Anfänger findet eine Beschreibung des Prozesses und der wichtigen Elemente. Der Fortgeschrittene wird durch die Brücken zu anderen Ansätzen, detaillierten Beschreibungen und v.a. den zukünftigen Erfolgsfaktoren und Themen wie z.B. Business Ökosystem Design inspiriert.

Unsere Leser sind mit dem Wunsch auf uns zugekommen, die erwähnten Tools und Werkzeuge detaillierter zu beschreiben.

Wir haben daraufhin eine globale Umfrage mit mehr als 2’000 Design Thinkern durchgeführt, um zu bestimmen, welches die bekanntesten und wichtigsten Methoden im Design Thinking sind. 50 Methoden haben wir gemeinsam mit 50 Co-Autoren und Reviewern im «Design Thinking Toolbook» beschrieben. Zudem können für diese Methoden die Templates auf der www.dt-toolbook.com heruntergeladen werden.  Das Design Thinking Toolbook beschreibt die Tools und zeigt, wo und wie diese angewendet werden, gibt Tipps zur Nutzung und Hinweise, welche anderen Tools auch genutzt werden könnten. Zudem lassen sich die Tooltemplates runterladen.  Der Anfänger kann so die Design Thinking Methoden einfach anwenden. Der Fortgeschrittene wird motiviert, unbekannte Tools zu auszuprobieren.

Was würdest Du einem Team, das Design Thinking nutzen möchte, mit auf den Weg geben ?

Ich empfehle, Design Thinking einfach zu machen und im Kleinen auszuprobieren:

  • Bringe die Nutzer- und Kundensicht rein. Sprich mit dem Nutzer und beobachte ihn. Geht im Team raus und interviewt den Kunden, mache einfache Prototypen und Experimente und teste die Prototypen mit dem Nutzer/Kunden.
  • Wende es einfach an. Mache ein Experiment, wenn du mit deinen Kollegen/innen unterschiedlicher Meinungen bist. Begreife Design Thinking vor allem als Denkhaltung für nutzerzentrierte Problemlösung, die bestimmten Prinzipien folgt.
  • Finde deinen eigenen Weg und deinen eigenen Ansatz und verzahnte Design Thinking mit bekannten Ansätzen und Frameworks, die dir und der Organisation bekannt sind.
  • Mache die Workshops in verschiedenen externen Kreativräumen wie der Technopark sie bietet – und feiere erste Erfolge.

Viel Spass beim Experimentieren.

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